Freitag, 11. August 2017

Rezension: Ein Zuhause für immer


Heute möchte ich euch gerne Ein Zuhause für immer von Gill Lewis vorstellen, das zu Beginn des Monats bei dtv erschienen ist. Der Roman befasst sich unter anderem mit psychischen Krankheiten und auch Problemen in der Familie. Da es ein Buch für Kinder und Jugendliche sein soll, war ich ganz gespannt, wie vor allem Themen wie Asperger in dem Roman einbezogen werden. Wie mir der Roman gefallen hat, erfahrt ihr in meiner Rezension.



WORUM GEHT ES?

Die zwölfjährige Scarlet lebt mit ihrer Mutter und ihrem kleinen Bruder Red zusammen. Weil ihre Mutter psychisch nicht dazu in der Lage ist, für sie zu sorgen, übernimmt Scarlet diese Rolle und kümmert sich vor allem um ihren Bruder, der, wie sie selbst sagt, "anders" ist. Red lebt in seiner eigenen Welt. Er liebt Vögel und sammelt gerne ihre Federn. Das ist etwas, was nur ihn und Scarlet verbindet, weil niemand anderes es versteht.
Als ihre Mutter eines Tages mit einer Zigarette in der Hand einschläft, steht kurz darauf die ganze Wohnung in Brand. Scarlet und Red werden getrennt und von ihrer Mutter weggebracht, da diese erst mal in Therapie muss. Scarlet kommt in eine Pflegefamilie, weiß allerdings nicht, wo Red untergekommen ist oder wie es ihm überhaupt geht. Niemand will ihr etwas verraten, dabei ist sie doch die Einzige, die zu ihm durchdringt! Ihr ist klar, dass sie ihn finden und mit ihm abhauen muss, wenn sie nicht will, dass sie sonst für immer getrennt sind.


REZENSION

Anfangs war ich doch sehr erstaunt, dass Roman gerade mal 224 Seiten umfasst. Im ersten Moment kam mir das sehr kurz vor, weil ich irgendwie doch an die 300 Seiten aufwärts gewohnt bin. Ein Zuhause für immer braucht aber gar nicht mehr geschriebene Worte. Die Geschichte ist kompakt und in sich abgeschlossen. Es gibt keine ausgeschmückten, langatmigen Szenen im Roman, die einem das Lesen schwer machen. Tatsächlich ist alles genau auf den Punkt gebracht, ohne, dass es abgehackt wirkt. Ich zumindest habe nichts vermisst und hatte demnach auch nicht das Gefühl, das irgendwo etwas fehlte.
Ganz besonders loben möchte ich außerdem die Aufmachung des Romans. Wenn man es bereits gelesen hat, versteht man immer mehr die kleinen Details auf dem Cover und sieht die Liebe zum Detail. Was man vorher vielleicht als kindliche Zeichnungen gehalten hat, bekommt nun eine andere, tiefere Bedeutung. Wenn man das Buch aufklappt, geht es auch gleich damit weiter: Man sieht die verschiedenen Kontinente und sowie verschiedene Vogelarten, genau dort, wo sie auf der Welt vorkommen.

Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht der zwölfjährigen Scarlet, die es gar nicht so leicht hat. Sie führt den Haushalt in ihrer Familie, während sie gleichzeitig noch zur Schule geht und sich um ihren Bruder kümmert. Da ihre Mutter ebenfalls unter eine psychischen Krankheit leidet, ist sie nicht in der Lage, diese Rolle zu übernehmen. Dass Scarlet demnach keine Zeit für sich oder Freunde hat, ist wohl klar.
Ihr macht das aber alles gar nichts aus. Sie kümmert sich gerne um ihren Bruder Red, denn sie ist die Einzige, die zu ihm durchdringt und ihn versteht. Deshalb ist es für sie auch so schlimm, von Red getrennt zu sein, als die Behörden sie in eine Pflegefamilie stecken. Scarlet ist überzeugt, dass Red sie braucht und ohne sie völlig verloren ist.
Die Geschichte lebt allerdings nicht nur von Scarlet, sondern auch von den vielen Nebencharakteren, die alle ihre guten und schlechten Einflüsse haben. Besonders aber die Einbindung der Pflegefamilie gefällt mir sehr, denn es ist mal ein schönes Beispiel dafür, dass man auch herzlich in eine fremde Familie aufgenommen werden kann.

Was mich bereits beim Klappentext angesprochen hat, war die Auseinandersetzung mit Themen, wie Asperger und Autismus, die im Roman eine wesentliche Rolle spielen. Ich finde es gut, dass die Autorin nicht die ganze Komplexität dieser Thematik in ihre Geschichte hat einfließen lassen, sondern es auf einem doch sehr kindgerechten Level belässt.
Da der Roman aus der Sicht der zwölfjährigen Scarlet erzählt wird, wird dementsprechend auf die Verwendung von Fachausdrücken verzichtet. Selbst die Ausdrücke Asperger und Autismus kommen nur ein einziges Mal vor, eben weil selbst ein Mädchen in dem Alter wie Scarlet diese nicht unbedingt zu definieren weiß.
Deshalb finde ich es auch sehr gelungen, wie die Autorin die Krankheit schließlich erklärt. Scarlet sagt nämlich stets, dass ihr kleiner Bruder in seiner eigenen Welt lebt und dass seine Begeisterung für Vögel das ist, was ihn mit ihrer Welt verbindet. Es wird sehr sensibel und kindgerecht mit dem Thema umgegangen.

Aber auch die Problematik, dass ein Kind die elterlichen Pflichten übernimmt, weil zum Beispiel die Eltern selbst dazu nicht in der Lage sind, wird in dem Roman aufgegriffen. In einem Brief an die Leser ganz zum Ende des Romans spricht die Autorin außerdem davon, dass dies in Großbritannien leider oft der Fall ist. Ich denke allerdings, dass das generell ein sehr weit verbreitetes Problem ist.
Auch hier gefällt mir, wie realitätsnah Gill Lewis das Szenario eingefangen hat.
Scarlet übernimmt die Rolle ihrer Mutter und passt auf, dass Zuhause alles stimmt, wenn der Kontrollbesuch von den Behörden stattfindet. Sie kümmert sich um den Haushalt, aber vor allem um ihren Bruder, der nun mal ganz besondere Aufmerksamkeit benötigt - etwas, wozu ihre Mutter aufgrund eigener Krankheit nicht in der Lage ist.
Im Roman werden viele problematische Aspekte angesprochen und auch ganz klar kritisiert, denn manchmal sollte man als Erwachsener einem Kind ganz einfach zuhören und sich nicht darüber erheben, weil man glaubt, das Kind wüsste nicht, was gut und richtig ist. Es sind nicht immer die Behörden, die das Richtige tun oder wissen, was das Beste für einen ist, sondern diejenigen, die dem Betroffenen nahe stehen.

Ein Zuhause für immer ist eine Geschichte aus dem realen Leben und hat mich deshalb auch direkt abgeholt. Dazu hat aber auch ganz deutlich der Schreibstil von Autorin Gill Lewis beigetragen, denn sie schafft es mit wenigen einfachen, aber vor allem ausdrucksstarken Worten Emotionen in einem hervorzurufen.


FAZIT

Ein Zuhause für immer ist ein kurzweiliges Lesevergnügen, das einen aufgrund der Nähe zum echten Leben sehr bewegt. Es wird sich vor allem kindgerecht mit Themen wie Asperger und Autismus auseinandergesetzt und auch die Problemen in der Familie und Pflegefamilien angesprochen. Alles in allem ist der Roman von Gill Lewis eine schöne Geschichte, die einen mitreißt und deshalb vergebe ich vier von fünf Kreuzen.



BUCHDETAILS

Titel: Ein Zuhause für immer
Autor: Gill Lewis
Übersetzung: Siggi Seuß
Verlag: dtv junior
Preis: 14,95€
Sonstiges: Hardcover, 224 Seiten


Die Buchdetails sind der Webseite von dtv entnommen.
Vielen Dank an Stefanie Broller und dtv für das Rezensionsexemplar!

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